BGH-Urteil: Schriftformheilungsklausel im Mietvertrag ist unwirksam

Gerade bei Gewerbeimmobilien schließen Vermieter oft auf lange Zeiträume befristete Mietverträge mit ihren Mietern ab. Aber: Eine feste Laufzeit von mehr als einem Jahr erlaubt das Gesetz nur bei schriftlichen Mietverträgen. Wenn eine spätere Ergänzung des Vertrages die Schriftform zerstört, kann der Vertrag jederzeit gekündigt werden. Kann eine Schriftformheilungsklausel das verhindern?

Gerade bei Gewerbeimmobilien schließen Vermieter oft auf lange Zeiträume befristete Mietverträge mit ihren Mietern ab. Aber: Eine feste Laufzeit von mehr als einem Jahr erlaubt das Gesetz nur bei schriftlichen Mietverträgen. Wenn eine spätere Ergänzung des Vertrages die Schriftform zerstört, kann der Vertrag jederzeit gekündigt werden. Kann eine Schriftformheilungsklausel das verhindern?

Karlsruhe. Schriftformheilungsklauseln in gewerblichen Mietverträgen sind grundsätzlich unwirksam. Sie können daher nicht verhindern, dass ein solcher Vertrag ordentlich gekündigt wird, wenn die Schriftform durch eine Änderung verloren gegangen ist. In Ausnahmefällen kann eine solche Kündigung allerdings gegen Treu und Glauben verstoßen. Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) getroffen (Urteil vom 27.9.2017, Az.: XII ZR 114/16).

Das Urteil fällte der BGH im Rechtsstreit um eine vermietete Gewerbeimmobilie. Die Eigentümerin hatte das Objekt im Jahr 1998 mit einem schriftlichen Mietvertrag für Gewerberäume vermietet. Der Mietvertrag war befristet, die Laufzeit sollte mehr als ein Jahr betragen. Damit war der Vertrag an die Schriftform gebunden. In den Jahren 2006 und 2009 ergänzten die Vertragspartner den Mietvertrag. Dabei vereinbarten sie, alles für die Einhaltung der Schriftform zu tun und den Vertrag nicht unter Berufung auf die Nichteinhaltung der Schriftform zu kündigen – eine sogenannte Schriftformheilungsklausel.

Schriftlicher Vermerk hält nicht unbedingt die Schriftform ein

Im Jahr 2011 allerdings schrieb die Vermieterin den Mieter an, weil sie eine Änderung an der vereinbarten Indexmiete vornehmen wollte. Eine Veränderung des Verbraucherpreisindex um 5
Prozent sollte eine entsprechende Änderung  der  Miete  zur Folge haben. Der Mieter vermerkte handschriftlich auf dem Brief „6 Prozent einverstanden“, unterschrieb, und schickte das Schreiben zurück.

Im Jahr 2014 kündigte die Vermieterin den Mietvertrag, der eigentlich noch bis 2020 laufen sollte. Begründung: Die Schriftform sei nicht eingehalten worden. Der Mieter sah das anders, so dass die Angelegenheit vor Gericht geklärt werden musste. Der Bundesgerichtshof entschied schließlich: Die Änderung im Jahr 2011 hat tatsächlich die Schriftform des Vertrages zerstört. Das handschriftlich ergänzte Schreiben habe nicht ausreichend auf den Vertrag Bezug genommen.

Der BGH urteilte außerdem, dass die Schriftformheilungsklausel nicht greift. Eine solche Klausel sei stets unwirksam. Es spielt dabei nach Aussage des Gerichts auch keine Rolle, ob die Klausel in einem Individualvertrag oder in den allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart ist. Demnach wäre die Kündigung wegen der verlorenen Schriftform in diesem Falle rechtens.

Zerstörte Schriftform: Kündigung in Ausnahmefällen dennoch unwirksam

Die Bundesrichter entschieden aber für diesen konkreten Einzelfall, dass sich die Vermieterin hier ausnahmsweise nicht auf die fehlende Schriftform berufen kann. Der Grund: Die Schriftform ging durch eine Vertragsänderung verloren, die ausschließlich den Interessen der Vermieterin gedient habe und auch auf ihr Betreiben hin vorgenommen wurde. Eine solche Änderung dann nur wegen fehlender Schriftform als Kündigungsgrund herzunehmen – damit verstößt die Vermieterin nach Ansicht des BGH gegen Treu und Glauben.

So hat das Urteil in diesem Fall zwar die Kündigung zurückgewiesen. Aber es hat höchstrichterlich die wichtige Feststellung getroffen, dass Schriftformheilungsklauseln in Mietverträgen grundsätzlich unwirksam sind. Gerade bei der Vermietung von Gewerbeimmobilien, bei der beide Vertragspartner langfristige Planungssicherheit wünschen und deswegen oftmals auf lange Zeiträume befristete Verträge abschließen, kann das zum Problem werden.

Es muss demnach künftig besonders großes Augenmerk darauf gelegt werden, die Schriftform einzuhalten. Eigentümer sollten sich daher bei Änderungen am Mietvertrag juristische Unterstützung suchen. Mitglieder finden eine kostenlose Rechtsberatung in ihrem örtlichen Haus & Grund-Verein.

Ein aktueller Mietvertrag für gewerbliche Räume ohne Schriftformheilungsklausel ist im Online-Shop der Haus & Grund Rheinland Verlag und Service GmbH erhältlich. Dort findet sich auch aktueller ein Wohnraum-Mietvertrag ohne eine solche Klausel zur Schriftform. Diese rechtssicheren Verträge sind bundesweit gültig. Im Angebot sind vorgedruckte Papier-Mietverträge ebenso wie Online-Mietverträge zum Ausfüllen am Computer.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland verfasst.

Hinweis: Entscheidungen der Rechtsprechung sind sehr komplex. Eigene juristische Bewertungen ohne fachkundige Kenntnis sind nicht empfehlenswert. Ob dieses Urteil auch auf Ihren Sachverhalt Anwendung findet, kann Ihnen als Mitglied daher nur ein Rechtsberater in einem Haus & Grund – Ortsverein erklären.

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