Grundsteuer-Reform: Koalitionskrach nach Vorpreschen von Scholz

Soll künftig jedes Bundesland selbst entscheiden können, wie die Grundsteuer erhoben wird? Die Unionsfraktion möchte diese Forderung aus Bayern wohl durchsetzen. Bundesfinanzminister Scholz hat sie in seinen Gesetzentwurf aber nicht aufgenommen, wie gestern bekannt wurde. Scholz hatte den Entwurf offenbar ohne Zustimmung des Kanzleramtes verschickt und damit für großen Ärger gesorgt.

Soll künftig jedes Bundesland selbst entscheiden können, wie die Grundsteuer erhoben wird? Die Unionsfraktion möchte diese Forderung aus Bayern wohl durchsetzen. Bundesfinanzminister Scholz hat sie in seinen Gesetzentwurf aber nicht aufgenommen, wie gestern bekannt wurde. Scholz hatte den Entwurf offenbar ohne Zustimmung des Kanzleramtes verschickt und damit für großen Ärger gesorgt.

Berlin. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hat den Gesetzentwurf für die Reform der Grundsteuer fertig. Gestern schickte der Minister das Papier zur Ressortabstimmung an die anderen Bundesministerien – laut Medienberichten gegen ein Veto aus dem Kanzleramt. Wie die FAZ zuerst berichtete, wollte das Kanzleramt zuerst verfassungsrechtliche Fragen rund um den Referentenentwurf aus dem Finanzministerium geklärt wissen, bevor das Papier die Runde macht.

Der Alleingang des Finanzministers hat umgehend zu Krach in der Großen Koalition geführt. Denn: Die CSU möchte durchsetzen, dass die Länder zukünftig selbst darüber bestimmen können, wie in ihrem Land die Grundsteuer erhoben wird. Die Bayerische Regierung ist nämlich strikt gegen eine wertabhängige Grundsteuer, die Olaf Scholz durchsetzen möchte. Bayern will eine einfache Grundsteuer, die sich nur an der Fläche orientiert.

CSU möchte einfaches Flächenmodell – notfalls im Alleingang

Die CSU hat in dieser Frage Unterstützung: Vertreter der gemeinsamen Bundestagsfraktion von CDU und CSU haben bereits angekündigt, einer Grundsteuer-Reform nicht zuzustimmen, wenn sie keine Öffnungsklausel enthält, die den Ländern abweichende Regelungen erlaubt. Inwiefern das verfassungsrechtlich denkbar ist, klärt gerade der Augsburger Professor Gregor Kirchhof in einem Kurzgutachten – und genau das wollte das Kanzleramt offenbar erst einmal abwarten.

Nun ist der Entwurf trotzdem in der Welt und beinhaltet wenige Änderungen gegenüber den bereits im Herbst scharf kritisierten Plänen von Olaf Scholz. Alle 7 Jahre sollen die 32 Millionen Wohngrundstücke in Deutschland künftig neu bewertet werden. In die Berechnung der Grundsteuer sollen der Bodenrichtwert, die Wohnfläche, das Mietniveau laut Wohngeldtabelle, das Baujahr und eine pauschalisierte Nettokaltmiete einfließen – letztere auch bei nicht vermieteten Gebäuden.

Grundsteuer-Reform: Es droht ein bürokratisches Monster

Aus all diesen Werten ergäbe sich dann eine Bemessungsgrundlage, die mit der Steuermesszahl und dem Hebesatz der Kommune multipliziert würde. Um das Steueraufkommen konstant zu halten, will Scholz die Steuermesszahl im Vergleich zur gegenwärtigen Situation deutlich senken. „Diese Reform würde zu ausufernder Bürokratie führen und tausende neue Finanzbeamte erfordern. Die Kosten dafür würden die Einnahmen aus der Steuer deutlich reduzieren“, kritisiert Erik Uwe Amaya, Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland Westfalen.

Der Rheinisch-Westfälische Eigentümerverband fordert dagegen seit langem, was auch die Bayerische Landesregierung will: Eine rein flächenbasierte Grundsteuer. „Das wäre ein einfaches, unbürokratisches Modell und kostengünstig in der Umsetzung“, ist Amaya überzeugt. Der Entwurf beinhaltet außerdem die Erlaubnis für Kommunen, baureife, unbebaute Grundstücke mit einer Strafsteuer (sog. Grundsteuer C) zu belegen. Wie berichtet kritisiert Haus & Grund Rheinland Westfalen das als untauglichen Versuch, gegen Bodenspekulation vorzugehen.

Aufkommensneutralität versprochen: Kommunen sollen weiter Kasse machen

Alles in allem droht Deutschland mit dieser Reform nicht nur ein bürokratisches Monster. Es steht außerdem zu befürchten, dass die neue Grundsteuer für viele Eigentümer deutlich höher ausfällt als die Bisherige. Scholz, der seinen Gesetzentwurf gestern gleich auch vor ausgesuchten Journalisten präsentierte, behauptete zwar, seine Reform sei aufkommensneutral. Soll heißen: Die jährlichen Einnahmen der Kommunen aus der Steuer blieben konstant.

Für den einzelnen Eigentümer und seine Mieter können sich also sehr wohl Veränderungen im persönlichen Steueraufkommen ergeben. Doch selbst die Aufkommensneutralität für Städte und Gemeinden kann Scholz nicht sicherstellen. Denn die Neubewertung aller Grundstücke kann durchaus dazu führen, dass in einigen Kommunen trotz der stark gesenkten Steuermesszahl das Steueraufkommen steigt.

Scholz: Blindes Vertrauen auf Kommunen

Laut Medienberichten baut Olaf Scholz darauf, dass die Gemeinden im Zweifel die Hebesätze senken, damit die Steuerlast durch die Reform nicht zunimmt. „Diese Vorstellung ist völlig illusorisch“, wundert sich Erik Uwe Amaya über die Aussage. „Gerade in NRW haben wir viele Kommunen, die knapp bei Kasse sind. Die werden nicht im Traum daran denken, Hebesätze zu senken, sondern sich über die steigenden Einnahmen freuen.“

Angesichts der heute schon viel zu hohen Belastung durch die Grundsteuer dürfe es dazu nicht kommen. In Nordrhein-Westfalen drehen viele Kommunen seit Jahren immer weiter an der Grundsteuerschraube, um ihre Haushaltslöcher zu stopfen. Der NRW-Wohnkostenbericht von Haus & Grund Rheinland Westfalen hat das mehrfach aufgezeigt. Daraus ergibt sich auch, wie erheblich die Belastung für Eigentümer und Mieter ist. Selbst wenn Kommunen durch die Reform keine Mehreinnahmen machen, bleibt das Wohnen in vielen Orten also teuer.

Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.

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