Wenn eine vermietete Wohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt wird, steht dem Mieter ein Vorkaufsrecht zu, falls die Wohnung später verkauft wird. Doch was gilt, wenn der Eigentümer der Wohnung einem Familienangehörigen ein dingliches Vorkaufsrecht für die Wohnung eingeräumt hatte? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt geklärt, wer dann zum Zuge kommt.
Karlsruhe. Wenn ein Eigentümer ein dingliches Vorkaufsrecht zugunsten eines Angehörigen bestellt hat, wiegt dieses Recht im Zweifel schwerer, als das Mietervorkaufsrecht. Das gilt selbst dann, wenn das dingliche Vorkaufsrecht jüngeren Datums ist, als der Mietvertrag. Es hat außerdem selbst dann Bestand, wenn es sich bei dem Angehörigen um einen Ehepartner handelt, die Ehe aber geschieden wurde. Das hat der Bundesgerichtshof kürzlich entschieden (Urteil vom 27.09.2024, Az.: V ZR 48/23).
Der Fall drehte sich um ein geschiedenes Ehepaar: Bei der Scheidung hatten die beiden ihr gemeinsames Haus in Wohnungseigentum aufgeteilt – mit nunmehr drei Wohneinheiten. Eine dieser drei Wohnungen war zu diesem Zeitpunkt bereits vermietet. Sie fiel, zusammen mit einer weiteren Wohnung, dem Mann zu. Seine nunmehr ehemalige Ehefrau erhielt die dritte Wohnung. Im Rahmen der Transaktion räumten sich die beiden Ex-Partner jeweils gegenseitig dingliche Vorkaufsrechte für die Wohnungen ein.
Drei Jahre später verkaufte der Ex-Mann seine vermietete Wohnung. Die Ex-Gattin wollte ihr Vorkaufsrecht geltend machen, doch auch der Mieter wollte die Wohnung kaufen. Er berief sich auf sein Mietervorkaufsrecht, das einem Mieter beim Verkauf der von ihm gemieteten Wohnung und später in Wohnungseigentum umgewandelten Wohnung zusteht. Der Ex-Mann gab dem Mieter den Zuschlag, der als neuer Wohnungseigentümer ins Grundbuch eingetragen wurde.
Dingliches Vorkaufsrecht der Ex-Frau schlägt Mietervorkaufsrecht
Dagegen zog die Ex-Frau vor Gericht. Sie wollte ihr dingliches Vorkaufsrecht durchsetzen. Allerdings zunächst erfolglos: Landgericht und Oberlandesgericht gingen davon aus, dass das Mietervorkaufsrecht in diesem Fall vorgehe, weil das dingliche Vorkaufsrecht der Ex-Frau zum Zeitpunkt der Vermietung der Wohnung an den Mieter noch gar nicht bestanden hatte. Das sah der Bundesgerichtshof (BGH) allerdings völlig anders und kippte das Urteil der Vorinstanz. Die Wohnung geht an die Ex-Partnerin.
Begründung: Wenn ein Eigentümer einem Familienangehörigen nach § 577 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ein dingliches Vorkaufsrecht einräumt, hat dieses Recht Vorrang vor dem Mietervorkaufsrecht. Das gilt auch dann, wenn das dingliche Vorkaufsrecht erst nach der Vermietung der Wohnung bestellt wurde. Davon profitiert auch eine geschiedene Ehefrau, weil sie im Sinne des § 577 BGB weiterhin als Angehörige gilt. Der BGH betonte, dass der Vermieter die Wohnung hier direkt an seine Ex-Frau verkaufen konnte – ohne dass ein Mietervorkaufsrecht entstand.
Dieser redaktionelle Beitrag wurde von Haus & Grund Rheinland Westfalen verfasst.
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